Neoimperialismus
Monday, November 13th, 2006(Dieses Bild zeigt die amerikanische Mondkapsel, welche im Eingang der Polytechnic steht.)
Als Titel für das Weblog über mein Malawi Projekt habe ich, wie bereits vor 2 Jahren, ein Zitat aus Joseph Conrads „Heart of Darkness“ gewählt. „Exterminate all the Brutes“ (Vernichtet sie, all die Wilden) beschreibt den Charakter des klassischen Imperialisten, dem Insulaner, der kam um seine Lebensart, Moral und Religion einer anderen Welt aufzuzwingen.
Manche von uns glauben, diese Vorstellung sei aus einer längst vergangenen Zeit des Kolonialismus. Doch Malawi ist gerade mal 40 Jahre lang unabhängig und die westlichen Firmen haben heute moderne Wege gefunden, die afrikanischen Länder in ihre Abhängikeit zu bringen.
Ich möchte an dieser Stelle daran erinnern, dass vor etwas mehr als einem Jahr Microsoft versuchte ein „memorandum of understanding“ mit dem Bildungsministerium von Malawi auszuhandeln, damit ausschliesslich Microsofts Betriebsystem zum Einsatz kommt. Mit einem offenen Brief haben damals Studierende und Systemadministratoren der University of Malawi diesen „Pakt mit dem Teufel“ verhindert. Bill Gates selbst scheint gemerkt zu haben, dass der Krieg um das Betriebssytem längst verloren ist. Darauf deuten sein Ausstieg aus Microsoft und sein erhöhtes Engagement bei der „Bill & Melinda Gates Foudation“.
Die Gates‘ führen ihren neoimperialistischen Kreuzzug mit der Verbreitung von genetisch verändertem Saatgut und amerikanischen Pharmaprodukten weiter. Grotesk wirkt auch die folgende Aussage auf der Gates-Foundation-Webseite: „And because information can change lives, we support public access to computing in libraries worldwide.“ Seine Taten zeigen aber in eine gänzlich andere Richtung.
Bill Gates hat sich in der Vergangenheit gegen die Standardisierung von Formaten (z.Bsp. Open Document Standard) und für die Einführung von Softwarepatenten eingesetzt.
Doch Bill Gates und Microsoft sind nur zwei Beispiele aus dem gesamten komplexen Bild von Afrika. Viele weitere westliche Firmen und Einzelpersonen besitzen einen grossen Teil der lokalen Ökonomie. Die Teeplantagen, welche sich vom Süden von Blantyre bis hinunter nach Moçambique erstrecken, sind allesamt in der Hand von weissen Grossgrundbesitzern. Wobei die Malawier, welche in den Feldern arbeiten, oft zu Hungerlöhnen angestellt werden.
Beim Saatgut, welches den Malawiern als „neuste Technologie“ verkauft wird, handelt es sich um steriles, genetisch verändertes Saatgut, welches nach einjährigem Gedeihen wieder neu gekauft werden muss, da die sterilen Samen nicht für weitere Generationen weiterverwendet werden können.
Nach diesem Prinzip funktioniert auch DRM (Digital Restrictions Management). Musik, welche DRM-behaftet ist, kann nach einer vorbestimmten Zeit oder Anzahl abgespielter Male nicht mehr verwendet werden. Diese Methode der „fremdbestimmten Selbstzerstörung“ wird nach amerikanischem Modell den Kulturen aufdoktriniert und führt zur Zerstörung von Kultur und Kulturgut.
Heute wurde der „American Corner Blantyre“ eröffnet. Eine Erweiterung der Bibliothek der Polytechnic, welche nicht nur den Studierenden, sondern auch der Ä–ffentlichkeit zugänglich gemacht wird. Unter dem Vorwand Malawi eine Plattform für Wissen und Bildung zu geben missioniert die amerikanische Regierung und betreibt so Propaganda in Malawi.
Ebenso betreiben viele NGOs (Non-Governmental Organisation) Propaganda für westliche Produkte. Die Strategie, den afrikanischen Bürgern eine Anti-AIDS Impfung zu verkaufen, entpuppt sich vielmehr als Marketingstrategie, denn als Entwicklungshilfe. Die Gelder, welche über die NGOs in diese Projekte fliessen, gehen geradewegs zurück in die westliche Pharmaindustrie. Die Afrikaner verbleiben ohne Hilfe und dienen der westlichen Industrie als Versuchskaninchen.
Auch Madonna täte besser daran, ihre Musik der Welt unter Creative Commons Lizenz zur Verfügung zu stellen, als in einer Shoppingtour in Malawi ein Kind wie ein neues Handtäschchen zu kaufen.
Diese Spirale des Neoimperialismus erschwert es afrikanischen Ländern, auf eigenen Beinen zu stehen.